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Redaktion »15 Jahre Conne Island-Reader«
Ein Streifzug durch die jüngste Vergangenheit des Conne Island

Bereits im Herbst 1989 wird aus Aktion jetzt! die Gruppe Reaktion. Dieser Schritt der gegenkulturellen Keimzelle um den Mockauer Keller - weg von beabsichtigter Ausgestaltung hin zur ohnmächtigen Erwiderung auf die gesellschaftlichen Verhältnisse im Nachwendedeutschland - zeichnet die Geschichte des Conne Island bereits im Kleinen vor. Doch eins nach dem anderen.
    Wie in verschiedensten Beiträgen dieser Broschüre bereits ausgeführt worden ist, ruhte das Conne Island lange Zeit auf zwei wichtigen Säulen: der Notwendigkeit sich gegen die akute Gefahr durch Nazis zur Wehr zu setzten und dem Anspruch, sich kulturell den gesellschaftlichen Verhältnissen entgegenzustellen. Dabei fungierten stets die gesellschaftlichen Umstände als Gradmesser für die kulturelle und kulturpolitische Arbeit. Das »die Kultur vom Politischen abhängig« ist gehörte zum Selbstverständnis des Conne Island.2 Diese Grundfesten haben sich allerdings, ebenso wie das Leben jenseits der Koburger Brücke, gewandelt. Eine erste Erschütterung datiert auf das Jahr 1996.
    Das Subversionsmodell Pop wurde in den Diskussionen um das Buch Mainstream der Minderheiten. Pop in der Kontrollgesellschaft zu Grabe getragen. Dies kam einer Verabschiedung von der Vorstellung gesellschaftliche Verhältnisse durch gegenkulturelle Intervention verändern zu können gleich.
    Angesichts der grassierenden jugendkulturellen Beliebigkeit in Folge der allgegenwärtigen kapitalistischen Vermarktung verdeutlichte sich, dass ein subkulturelles Außerhalb der bestehenden Verhältnisse nicht existierte.3 Die Widerständigkeit von Subkulturen wurde zum erfolgreichen Verkaufsargument. Auch das Conne Island verlor den Status einer Insel.
    Vier Jahre später, im sogenannten Antifasommer, wurde das Bindemittel des Conne Island - der antifaschistische Grundkonsens - zur Staatsraison erklärt. Konnte bis dato die gegenkulturelle Identität noch aus der wichtigen Arbeit gegen Nazis und eine rechte Alltagskultur gezogen werden, stand sie nun im Einklang mit rot-grüner Regierungspolitik. Doch ungeachtet dessen bestimmt bis heute eine rechte Alltagskultur weite, zumeist ländliche, Gegenden. Die Bedeutung des Conne Islands, ostdeutschem Provinzialismus westlich orientierte Metropolenkultur entgegen zu setzten, hat sich demnach trotz vewandelter Vorzeichen nur unwesentlich geändert.
   
    Beide Prozesse haben maßgeblich zu einer Entwicklung des Conne Islands beigetragen, der die letzten 5 Jahre deutlich prägte. Konfliktlinien verliefen plötzlich mitten durch den Laden und wie schon 1989 beeinflusste der gesellschaftliche Wandel das Conne Island entscheidend. Von Resignation jedoch war keine Spur zu sehen. Vielmehr galt es diese Herausforderung - ein neues Grundkonzept für den Laden zu entwickeln - anzunehmen. Scheinbar widerständige Subkulturen wurden zunehmend als Spiegel und Austragungsort gesellschaftlicher Verhältnisse anerkannt. Aus dieser Einsicht erwuchsen neue Möglichkeiten kulturpolitischer Intervention.

Kontinuität und Neuorientierung ab 2001

Trotz des rot-grünen Aufstandes der Anständigen war die Alltagskultur vor allem in den ländlichen Regionen des Ostens weiterhin durch rechtes und autoritäres Gedankengut geprägt. Nazis fanden ihre Anknüpfungspunkte in traditionell nicht rechten Szenen, wie z.B. Hardcore und Streetpunk. Kulturelle Codes, Gesten und Stile wurden übernommen und umgedeutet. Um demgegenüber eine klare Grenze zu ziehen und deutlich zu machen, dass Nazis z.B. in der Hardcorebewegung mit Gegenwehr zu rechnen haben, gründete sich 2001 die Kampagne Good Night White Pride - Hardcore is more than music.4 Neben einer ganzen Reihe von Clubs erklärten sich unzählige Bands mit dieser Initiative verbunden. Ähnlich wie für das Conne Island galt auch dabei ein antifaschistischer Grundkonsens als Bindeglied. Das Bestreben des Ladens, die Deutungshoheit über verschiedene Subkulturen nicht an Nazis abzugeben, zeigte im Fall der Band Discipline erneut seine Wirkung. Nach einem klaren Bekenntnis gegen Nazis und Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Hautfarbe oder Geschlecht gab die Band ihr erstes Konzert im Conne Island.
    Für ordentlichen Wirbel sorgten kritische Äußerungen des Conne Islands bezüglich der homophoben Verbalattacken während verschiedener Reggaeparties. Zugleich wurde auf die sexistischen und schwulenfeindlichen Traditionen der kritiklos übernommenen Reggaekultur verwiesen. Die so Gescholtenen reagierten reflexartig mit dem Verweis auf die authentische, jamaikanische Kultur und den angeblich nur metaphorisch zu verstehenden »Boom bye bye« - Schwulenhass. Das für viele unverständliche Argument‚wer etwas zu kritisieren habe, hätte doch, bitte schön, zunächst einmal Patois - also die jamaikanische Sprachspezifik - zu lernen; scheint exemplarisch für die Kommunikations- und Verständnisschwierigkeiten innerhalb dieser Auseinandersetzung.

Nine Eleven und das Conne Island

Mit den Anschlägen auf das World Trade Center in New York im Herbst 2001 änderte sich, neben der Weltpolitik, auch das kulturpolitische Schaffen des Conne Islands. Das Credo, dass »die Kultur vom Politischen abhinge« erfuhr eine Renaissance unter veränderten Vorzeichen. Dabei rückte, neben der klammheimlichen Freude über die Anschläge - endlich hätte es die richtigen getroffen -, vor allem der kulturelle Umgang mit diesem Thema ins Zentrum der Kritik. Unter popkulturellem Umgang wurde hier nicht die Macht der Bilder, Medien und Berichterstattung verstanden. Sicher hatten wohl die meisten, die den Einsturz der New Yorker Zwillingstürme live am Bildschirm verfolgten, Probleme diese Geschehnisse aus ihrer populären Repräsentation medialer Inszenierung zu lösen und als mörderischen Anschlag zu verarbeiten. Gemäß seines popkulturellen Schaffens interessierte es das Conne Island jedoch mehr, welche Interpretationen der Ereignisse von New York und Washington vertont, präsentiert und symbolisch verhandelt wurden.
    Der Grund für dieses Interesse erwuchs zum großen Teil aus der Betroffenheit, als Veranstaltungsort und popkulturell Handelnde, mit antiamerikanischen5 Äußerungen von Bands und Publikum konfrontiert zu werden. Diese kollidierten mit dem über Jahre ausgebildeten Selbstverständnis des Conne Islands und dem positiven Bezug auf angloamerikanische pop culture.6 So wurde für antiamerikanische Bands nicht die antimoderne, lustfeindliche, mörderische und fanatische Motivation der islamistischen Attentäter zum Aufhänger für ihr kulturelles Schaffen. Vielmehr diagnostizierten diese einen moralischen Verfall des skrupellos kapitalistischen Westens und projizierten diesen reinweg auf die USA. Die Anschläge erschienen so nur folgerichtig.
    Die anfängliche Ratlosigkeit im Conne Island hinsichtlich der Anschläge und deren Auswirkungen wich bald der Beschäftigung mit den Reaktionen der deutschen Popkulturlandschaft. In dieser schwierigen Situation - die gekennzeichnet war durch die Angst der US-amerikanischen Administration das Wort zu reden - die Augen zu verschließen, hätte geheißen, den veränderten gesellschaftlichen Umständen blind gegenüberzutreten. Die anhaltende Beschäftigung mit dem Thema in den letzten fünf Jahren hat das Conne Island viele Sympathien gekostet. Schnell war klar, dass in punkto Antiamerikanismus die Konfliktlinie quer durch den Laden, das Publikum und die repräsentierten Kultursparten lief und sich so manche und so mancher im eigenen Vorurteil ertappt fühlen musste. Heftige Auseinandersetzung zwischen einzelnen politischen Gruppen taten ein Übriges zur Aufladung dieser Debatte.

Wie das Gewitter in der Wolke

Zur veränderten gesellschaftlichen Stimmung, in der das Schaffen des Conne Islands angesiedelt war, zählte ohne Zweifel auch die deutsche Auseinandersetzung mit dem Konflikt zwischen Israel und der arabischen Welt. Mit dem Ausbruch der zweiten Intifada im September 2000 wurden antiisraelische, antizionistische, antijüdische und antisemitische Töne immer lauter. Das Umfeld des Conne Islands spiegelte dabei die Debatten in antifaschistischen und linken Kreisen wider. Auf der einen Seite gehörte das Engagement gegen Antisemitismus zur selbstverständlichen Basis des eigenen Handelns. Andererseits stand der Konflikt gemessen an seiner Bedeutung schon immer überdurchschnittlich im Fokus der Diskussionen und bot jeder und jedem Raum für Projektionen. Dabei schoss die traditionelle linke Kritik an Nationalstaaten und Imperialismus in punkto Israel zumeist weit über das Ziel hinaus. Die Analyse7, wonach der klassische Antisemitismus in der Kritik an Israel und am Zionismus eine aktuelle Gestalt annimmt, schien sich leider aufs Neue zu bestätigen. In Reaktion auf die Anschläge des 11. September 2001 häuften sich erneut antisemitische Äußerungen in Deutschland. In Berlin waren während verschiedener Demonstrationen »Juden raus«-Rufe zu vernehmen, israelische Fahnen wurden verbrannt; in Leipzig kam es zu tätlichen Übergriffe auf Menschen, die ihre Solidarität mir Israel zum Ausdruck brachten. Der FDP Politiker Jürgen Möllemann rechtfertigte Selbstmordanschläge auf israelische Zivilisten und Gerhard Schröder dachte als damaliger Bundeskanzler über eine deutsche Beteiligung an einer in Israel zu stationierenden internationalen »Schutztruppe« nach.
    Am 07. November 2001 spielte die kanadische Band Propagandhi im Conne Island und es kam zum Eklat. Stein des Anstoßes: die Tourplakate (zugleich auch Plattencover). Diese zeigten das die Welt umschlingende Muster der US-amerikanischen Flagge. Nach Ansicht des Conne Island gab dies in Verbindung mit der Textzeile »Fuck Zionism«, aus einem Titel der Band, Wasser auf die Mühlen in einer ohnehin ressentimentgeladenen Stimmung. Ohne vorherige Absprache mit Propagandhi - und das sollte sich als problematisch erweisen - wurde zum Konzert ein Flugblatt8 veröffentlicht, das Antizionismus, antiamerikanische Vorurteile und mögliche tismus thematisierte. Die Kritik stieß auf pures Unverständnis und Entsetzen der kanadischen Band. Diese fühlte sich durch »die eigenen« Leute schlimmer behandelt »als durch Cops« und stand kurz davor das Konzert abzusagen. Ein verabredetes, klärendes Interview, jenseits von Backstage und Soundcheck kam leider nicht zustande.
    Auch für Teile des Publikums und des Umfeldes blieb die Erklärung nicht folgenlos. Die Reaktionen fielen schon deshalb so heftig aus, weil nicht Wenige sich in ihren Ressentiments und der darauf aufbauenden politischen Identität angegriffen fühlten. Leider folgte der Entrüstung in der Regel jedoch keine inhaltliche Auseinandersetzung fernab des Stammtisches.
    Nach einer parlamentarischen Anfrage im sächsischen Landtag wurde 2001 bekannt, dass die Staatsanwaltschaft ein Jahr lang gegen die linke und alternative Szene in Leipzig nach §129 ermittelte. Verfahren nach diesem Paragraphen kommen zur Anwendung, wenn Ermittlungen gegen kriminelle Vereinigungen vorgenommen werden sollen. Es ist davon auszugehen, dass auch das Conne Island davon betroffen war. Damit wurde ein völlig unverhältnismäßiges Instrument bemüht, um pauschal und ohne richterliche Kontrolle eine Ausleuchtung der »Szene« vorzunehmen. Die Grenzen, wer zur Szene gehört, wurden bewusst schwammig gehalten. Dadurch sah sich ein sehr breiter Personenkreis aus politischen Initiativen, kulturellen, alternativen oder sozialen Zusammenhängen pauschal dem Verdacht ausgesetzt, kriminelle Handlungen zu begehen.
    Erwartungsgemäß haben die Ermittlungen den Anfangsverdacht nicht bestätigen können. Eine wirksame Skandalisierung unsererseits blieb jedoch aus.9

Status Quo Vadis?

Mit weißen Plakatwänden und Konzertankündigungen begann das Jahr 2002. Als Protest gegen die geplanten Kürzungen für soziokulturelle Zentren beteiligte sich das Conne Island am Kulturstreik. Einen Monat lang fanden keine Konzerte und Tanzveranstaltungen statt. Zeit genug um sich an Euro, neue Preise und eine neue Geschäftsführung zu gewöhnen.
    Während sich die politische Linke 2002 bundesweit ihrer finalen Krise und dem angemessenen Verhältnis von politischer Praxis und Kritik widmete, verließ das Conne Island alte Wege. Angesichts der anhaltenden Eskalation im Nahen Osten wurde eine spartenübergreifende Stellungnahme zu den antisemitischen Reaktionen auf den Konflikt verfasst.10 Darin wurde ein exemplarisches »Verbot« des Tragens von Palästinensertüchern als antiquierte linke Modetradition und in Deutschland getragenes Symbol für den Widerstand gegen Israel ausgesprochen. Die somit nach außen transportierte Solidarität des Ladens mit Israel - ganz in der Tradition der antinationalen, antifaschistischen Linken - war jedoch keine politische Äußerung im Sinne eines neuen Identifikationsmodells, sondern letztlich nur eine notwendige Reaktion auf die Verhältnisse. Dieser Schritt verdeutlichte ein neues Auftreten des Conne Islands. Entgegen der subkulturell orientierten Thematisierung anhand einer speziellen Band - soviel hatte der Laden aus dem Fall Propagandhi gelernt - erschien es erfolgversprechender den neuen Pfeiler im Grundverständnis des Conne Island auf eine breitere Basis zu stellen. Verlorene Sympathien wurden mit dem Vorwurf der einseitigen Parteinahme allerdings nicht wiedergewonnen. So fiel es einigen im Umfeld des Ladens zunehmend schwer, sich uneingeschränkt mit der nun allgemein gültigen Grundausrichtung des Conne Island zu identifizieren. Allerdings stieß das Conne Island mit diesem Schritt bundesweit auch auf Zustimmung und Anerkennung.
    Im März wurde das zehnjährige Bestehen der Miniramp im Conne Island mit einem Skate-Contest gefeiert und die lokalen Drum & Bass Events Breaks.org strebten ihrem absoluten Höhepunkt entgegen. Aus einer wilden Idee geboren, fand im Mai das bundesweit größte Skinheadfestival Oi! The meeting statt. Zur »Freude« der Connewitzer AnwohnerInnen feierten, tranken und campierten mehr als 1000 Skinheads, Rudeboys und -girls im Conne Island, in anliegenden Straßen und auf Grünflächen. Als Höhepunkt spielte eine Legende aus London, The Cockney Rejects. Dass während des zeitgleich stattfindenden EM-Spiels Deutschland gegen Saudi Arabien - im Gegensatz zur gesamtdeutschen Patriotismuswelle zur WM 2006 und trotz der Anwesenheit von 300 Skinheads im Bierzelt - kaum deutsche
    Fahnen wehten, geschweige denn »Deutschland, Deutsch-land«-Rufe ertönten, sei hier nur am Rande angemerkt.
    Der alljährliche Betriebsausflug nach Sachsen-Anhalt lief 2002 unter der, von Blumfeld entlehnten, Headline Status Quo vadis. Standen die drei Jahre zuvor für tiefgreifende Veränderungen und Neudefinitionen, so lautete 2002 die Frage: »Hat sich das Conne Island in den Verhältnissen eingerichtet oder ist gerade nichts zu holen?«.11 Rückblickend wirkt das angesichts der Reichweite der veröffentlichten Stellungnahmen paradox. Ebenso haben sich die Ängste vor einer zunehmenden Entpolitisierung des Ladens nicht bestätigt. Dennoch hat das Conne Island bis heute mit der damals erneut konstatierten popkulturellen Beliebigkeit zu kämpfen. Darunter ist das Unvermögen popkultureller Sparten und Subkulturen zu verstehen, mehr als nur beliebiges Marktsegment zu sein und Orientierung zu bieten. Für das Conne Island stellte sich an diesem Punkt die Frage nach einem adäquaten Integrationsmodell.
    Dass sich dennoch trefflich über die »traditionellen« Standpunkte des Ladens streiten ließ, verdeutlichte u.a. das Erscheinen eines Plädoyers für ein Konzert der Band Kassierer im CEE IEH Newsflyer.12 Dabei wurde für Außenstehende völlig unvermittelt ein Auftritt der Band Kassierer im Haus- und Hofblatt CEE IEH gefordert. Dies verlangte nach einem Update der Ladenposition in punkto Sexismus. Unabhängig davon, ob die Darbietungen besagter Band von einigen als Belanglosigkeit, Kunst oder Ausbrüche postpubertärer Möchtegerntabubrecher galten, wurden sie von anderen als penetrant und sexistisch empfunden. Selbst wenn es sich hier um Satire handeln sollte, die unsere Lebenswelt überzeichnet darstellte, war das - und dafür sprachen leider die Erfahrungen mit anderen Bands ähnlichen Kalibers - dem Großteil des Publikums scheiß egal. Entscheidend sind also die Reaktionen des Publikums. Denn von diesem werden die Texte für bare Münze genommen, Liedtexte wie »Mach die Titten frei ich will wichsen« eins zu eins auf die Realität übertragen und entsprechend agiert. Für manche gilt dies dann als Freibrief für den Klaps auf den Po, den Griff an den Arsch und die »Titten« als auch sexistisches Geprolle, vornehmlich zum Leid der anwesenden Frauen. Wenn eine solche Band - und das gilt ebenso für alle anderen Sparten - also das Programm des Conne Islands in keiner Form bereichert, hat eine Absage auf Dauer auch nichts mit verklemmt-moralisierender Zensurwut zu tun.
    Zur neuen Saison ließ das Politsatire-Duo Trampert & Ebermann die von Zeit zu Zeit für anachronistisch und überholt erklärte linke Kulturkritik erneut auferstehen. Die Neue Heimat wurde auf einem der ersten Sampler für electronic music made in Germany besungen, im Conne Island machte die legendäre Schlachtrufe BRD Tour zum letzten Mal halt und Slapshot besangen mit Bezug auf den 11. September 2001 nahezu unbemerkt alte Stars & Stripes Zeiten.
    2003 - das Jahr der Pace-Fahnen - begann mit vier kulturellen Knallern: leaving home (International Pony), Aussage gegen Aussage (Die Goldenen Zitronen), end transmission (Snapcase) und als Krönung die lebenden Legende Lee »Scratch« Perry. Zudem wurde - an die poplinken Traditionen des Ladens anschließend - die Diskussion um die Reichweite von kritischer Popkultur erneut auf einen zeitgemäßen Stand gebracht. In bewusster Parallelität zur PopUp diente eine Veranstaltung dazu den Mythos der »independent Popkultur« zu entzaubern, Geschlechterrollen zu reflektieren und kulturellen Antiamerikanismus zu entlarven.13
    Im Frühjahr 2003 gab es mit Beginn des 3. Golfkrieges kaum einen Act, der nicht ein Statement zum Irakkrieg abgab. Hatten nahezu alle den deutschen Angriffskrieg gegen Jugoslawien oder den Konflikt im Sudan zumindest ignoriert, so schwang sich der größte Teil der deutschen Popkultur angesichts eines von den USA geführten Krieges zu vorbildlichen Pazifisten auf. Aus VIVA wurde PEACE und alle waren Schröder. Die neue Weltordnung wurde dem schießwütigen, weißen Mann aus Texas, Marionette der Öllobby, angehangen und dieser zugleich auf eine Stufe mit Hitler und Bin Laden gestellt. Es gab kaum eine Veranstaltung im Conne Island auf der nicht zumindest ein »Fuck Bush« angestimmt wurde. Um erneut die bis in die Romantik zurückreichende Tradition des Ressentiments gegenüber den USA zu thematisieren und zugleich auf die Verbundenheit des Ladens mit angloamerikanischer popculture zu verweisen, veröffentlichte das Conne Island das Papier No Antiamerikanismus, No Volksmusik.14
    Der politisch/kritischen Gruppenlandschaft wurden derweil die »Leipziger Verhältnisse«15 um die Ohren gehauen, der OBM musizierte für Olympia, während sich auf dem Leipziger Hauptbahnhof im nichtbestim-mungsgemäßem Verweilen geübt wurde.

Popkultur und das Label deutsch

Im Spätsommer lud das Conne Island die bis dato geschätzte Band Mia kurzerhand aus. Letztere hatte mit ihrer neuen Single »Was es ist« - in Schwarz, Rot, Gold gekleidet - neues deutsches Land betreten und die Ankunft der aufgeklärten Post-Punk-Patrioten im rot-grünen Vaterland besungen. Stellvertretend brachte die Band aus Berlins Mitte das vorgeblich aufgeklärte Bild der »eigenen« Nation auf den Punkt. Schwarz Rot Gold wurden kindlich naiv für neu besetzt erklärt und angesichts der deutschen Haltung zum 2. Irakkrieg der lang vermisste Stolz auf Deutschland wieder möglich.16 Der Versuch, den sich zu weiten Teilen als universalistisch bis links-alternativ verstehenden Teil der Poplandschaft mit der Pose des Nationalen auszustatten, war nicht neu. Bis Ende der neunziger Jahre existierte er als Standortdiskussion, ausgestattet mit nationalökonomischen Argumenten. Mit Samplern wie Krauts with Attitude, Wo ist zu Hause Mama oder der Debatte des Jahres 1994 um eine Quotenreglung für deutsche Musik im Radio wurde an authentischen Produktionen der Popkulturnation Deutschland gebastelt. Dies führte zugleich zu einer Unterhöhlung des kosmopolitischen und westlich geprägten Pop-Begriffs, die Nation als verbindende und sinnstiftende Klammer im popkulturellen Kontext wurde zunehmend hoffähig. Popkultur als Modell, welches traditionellen Wertvorstellungen und Kategorien wie Nation und Volk eine selbst gewählte popkulturelle Identität entgegen setzte, wandelte sich. Das Buch Mainstream der Minderheiten17 war ausschlaggebend für die Diskussion einer notwendigen Abkehr vom sogenannten Subversionsmodell Pop aus linker Perspektive. Das Versprechen, per selbst gewählter Pop-Identität die gesellschaftlichen Zustände zu kippen, scheiterte demnach an der Integrationskraft des Spätkapitalismus, jedem Protestpotential die richtige Subkultur zum Austoben verkaufen zu können.
    Spätestens Ende der neunziger Jahre hatte der Nationalisierungsdiskurs die Ebene der reinen Sandortlogik übertroffen. Vielmehr rückte deutsche Kultur wieder als sinnstiftender Kitt der Nation, in der Tradition der großen Dichter und Denker, in den Fokus. Dabei galt das Nationale als authentische Essenz des Kulturellen gegenüber der Verflachung popkultureller Produkte und als Rettungsanker der »eigenen kulturellen Identität«. Offensichtlich war es nun auch für sich selbst als links oder alternativ verstehende KünstlerInnen möglich, sich unter dem Begriff Generation Deutsch subsumieren zu lassen.
    Traten Mia noch ein Jahr zuvor auf der linken sogenannten »revolutionären 1. Mai-Demonstration« in Ber-lin auf, konnten sie dennoch schon 2003 den Stolz aufs eigene Vaterland und die angebliche moralische Größe Deutschlands verkünden. Im Gegensatz zu nazistischer Musik erfolgte dieser Bezug ohne rassistische oder revisionistische18 Untertöne und war damit Ausdruck eines gewandelten Verständnisses der Nation Deutschland. Dieser modernisierte Nationalismus entspricht einem Paradigmenwechsel, eingeleitet spätestens durch die rot-grüne Bundesregierung. Ein wichtiges Element war dabei die Wandlung des Geschichtsbildes und ein sich daraus ergebendes, neues Auftreten Deutschlands. Im Gegensatz zur rechtskonservativen Leugnung und Verharmlosung des nationalsozialistischen Deutschland trat nun die formelle Anerkennung einer nationalsozialistischen Schuld. Hannes Heer schrieb in diesem Zusammenhang vom gleichzeitigen »Verschwinden der Täter«. Denn individuell fühlt sich bis heute der größte Teil der Deutschen als Opfer, wahlweise der Alliierten oder von Hitler, und für die meisten jungen Erwachsenen gilt noch heute: »Mein Opa war kein Nazi«. Dieser neue Zugang zur Geschichte eröffnete die Möglichkeit der offensiven Auseinandersetzung mit den deutschen Opfern des Zweiten Weltkrieges. Damit sind jedoch nicht die Jüdinnen und Juden, KommunistInnen, SozialdemokratenInnen, Homosexuellen oder Sinti und Roma gemeint, sondern in erster Linie die sogenannte Zivilbevölkerung. Unter den Schlagworten »Bombenkrieg«, »Flucht und Vertreibung« und »Enteignung« werden den Opfern der Deutschen die »eigenen« gegenübergestellt. Im Angesicht dieser ohne Zweifel leidvollen, individuellen Geschichten gerät das Wissen um die breite Zustimmung der Deutschen zum Nationalsozialismus und den Nürnberger Gesetzen, um die Verbrechen der Wehrmacht oder den verbissenen Glauben an den Endsieg in den Hintergrund. Bis auf Hitler und seine engste Gefolgschaft sind nun alle Opfer.
    Am Beispiel Mia wurde deutlich, dass Popkultur nicht anders strukturiert ist als der gesellschaftliche Mainstream. Sie spiegelte die gesellschaftlichen Diskurse um Heimat, Volk und Nation wider und ist zugleich Austragungsort eben jener. Mia stand exemplarisch für eine modernisierte, nationalistische Popkultur. Die Absage des angekündigten Konzerts im Conne Island erschien vor diesem Hintergrund als Pflichtprogramm. Mit einer bundesweit veröffentlichten Erklärung wurde der Debatte um die Band und Nationalismus in der Popkultur vom Conne Island ein entscheidender Impuls verliehen.

Hände weg vom Conne Island

Ungemach drohte im Dezember 2003 von amtlicher Seite.19 Das Finanzamt Leipzig wollte rückwirkend die Gemeinnützigkeit für die Jahre 1999-2003 nicht anerkennen. Dieser für das Conne Island existenziell bedrohliche Schritt wurde mit der antifaschistischen Arbeit und der Schaffung von Möglichkeiten für politische Gruppen eine Wirkungsstätte zu finden, begründet. Drei Jahre nach dem »Aufstand der Anständigen« und einer Gesprächsrunde mit dem Bundestagspräsidenten, wurde das zivilgesellschaftliche Vorzeigeprojekt Conne Island kriminalisiert. So eröffnete die Unverhältnismäßigkeit der Finanzamtsentscheidung den Raum für Spekulationen, verbanden sich doch die Einwände der Finanzbehörde hervorragend mit einem Schreiben des Landesamtes für Verfassungsschutz an das Regierungspräsidium Leipzig. Die darin konstruierten Bedrohungsszenarien beruhten auf Texten, die seit Jahren auf der Conne Island Internetseite zu lesen waren und welche durch Weglassungen, Halbwahrheiten und Lügen verfremdet wurden. Eine geheimdienstliche Behörde also versuchte sich direkt in die Entscheidungsfindung zur Kulturförderungsvergabe einzumischen.
    Diesem Skandal folgte Protest. Nach monatelanger ergebnisloser Prüfzeit des Finanzamtes verlangten Anfang Dezember ca. 150 SympathisantInnen und Mitglieder des Vereins ein persönliches Gespräch mit der Finanzamtsleitung. Ziel war es, auf die Folgen eines negativen Bescheides hinzuweisen, denn dieser hätte eventuell die Schließung des Ladens bedeutet. Parallel fegte eine Welle der Solidarität - in Form von wöchentlichen Demonstrationen und Transparentaktionen - durchs vorweihnachtliche Leipzig und sorgte bundesweit für Aufsehen. Mit der vermittelnden Hilfe des Kulturdezernenten der Stadt Leipzig und des Regierungspräsidiums konnten die strittigen Fragen schlussendlich zeitnah geklärt und eine große Solidaritätsdemonstration in der Silvesternacht abgesagt werden.
    Im gleichen Monat hätte die Bühne des Conne Islands dem Nachfolgeprojekt einer der wichtigsten Punkbands aus Deutschland gehören können. Allerdings zog das Conne Island die Notbremse, denn Rubberslime stimmten mit einer textlichen Neuauflage von »Yankees Raus«, gedacht als Statement zum Irakkrieg, in den deutschen Chor ein.20 Mit der Gleichsetzung der USA mit dem nationalsozialistischen Deutschland - »USA-SA-SS« - war es vorbei mit Bürgerschreck und Rebellion. Vielmehr passte sich die Band einer breiten Stimmung in der Bevölkerung an. Was also einem Punk die Lederjacke, war dem Conne Island die Bühne, es kam nicht jede Band drauf.

No time to relax

Kulturell setzte das Frühjahr 2004 hohe Maßstäbe für das Conne Island. Neben den altbekannten Hardcore- Heroen von Sick of it All und den Punkrockern der ersten Stunde UK Subs, spielten die Toten Hosen zwei Clubshows, außerdem stellten London Elektricity, die Beatsteaks, Blumfeld, Jeru the Damaja und Ty das Publikum vor die Qual der Wahl.
    Zeitgleich tauchten im Leipziger Süden eine, an rassistische Vorurteile anschließende, Plakatserie auf. Unter der Headline »Heroindealer verpisst euch« wurde ein Bild von als von außen hereingetragen wahrgenommenen Problemen gezeichnet. Um eine Versachlichung der Auseinandersetzung über den Umgang mit Drogen zu erreichen, veranstaltete das Conne Island in Zusammenarbeit mit den Drug Scouts Leipzig eine Gesprächsrunde mit dem Kriminologen Hennig Schmidt-Semisch und dem Autor Thomas Kupfer, das Thema: die Konstruktion von Dealerbildern sowie von legalen und illegalen Drogen.
    Im Juni wurde das fünfjährige Bestehen des Roten Stern Leipzig (RSL) gefeiert. Rückblickend ist zu sagen, dass die geringe Resonanz innerhalb des Conne Islands auf dieses Event, als exemplarisch für das Verhältnis zwischen beiden Institutionen zu lesen war. Weiterhin in Solidarität verbunden, hatten sich beide Stück für Stück voneinander entfernt. In der Gründungszeit von Menschen aus dem näheren Umfeld des Ladens getragen und als junge, sportliche Folgegeneration hofiert, wurde bald deutlich, dass die kulturellen und kulturpolitischen Ziele immer weiter auseinander liefen. Zunehmend beschränkte sich ein Großteil des RSL auf die sportlichen und sozialen Aspekte des Vereinslebens. Währendessen war zu beobachten, dass eine ganze Reihe von Leuten, die ihm den Rücken kehrten - da sich der Kultverein aus dem Leipziger Süden zunehmend vom kulturpolitischen Projekt zum anpolitisierten Fußballklub mit sozialem Anspruch entwickelte - im Conne Island eine neue bzw. zusätzliche Wirkungsstätte fanden. So entstammte die jüngere Generation am Laden dem RSL. Das Auseinanderdividieren ist rückblickend einer Melange aus stellvertretendem Generationenkonflikt, persönlichen Enttäuschungen, mangelndem gegenseitigen Taktgefühl sowie unterschiedlichen politischen und kulturellen Zielen zuzuschreiben.
    Im Sommer ging die erste Sendung des Radio Island über den Äther. Ein leipzigweiter Vorbereitungskreis richtete zu Beginn der neuen Saison in Zusammenarbeit mit dem Conne Island eine Veranstaltung im Rahmen des Ladyfestes aus. An die Tradition der Riot Grrrls anknüpfend ging es dabei um die Selbstermächtigung von Frauen in der kulturellen Praxis und die Thematisierung der Unterrepräsentation von Frauen und Mädchen in popkulturellen Zusammenhängen. Mit wunderbaren Acts wie Bahamadia, Mouse on Mars und den Misfits wurde zudem an die kulturellen Vorgaben des Frühjahrs angeschlossen.
    Für reichlich Wirbel sorgte die Ankündigung des Conne Island Kool Savas eine Bühne bieten zu wollen. Gepackt am eigene Anspruch, Kultur kritisch zu reflektieren, war das Conne Island nun dem Vorwurf ausgesetzt Schwulenfeindlichkeit und Sexismus zumindest zu verharmlosen. So galt Kool Savas - neben seinem Ruf einer der besten deutschsprachigen Rapper zu sein - als Vorreiter für derbe Lyrics nach amerikanischem Vorbild. Eingehüllt in vermeintliche Realness war er zum Abbild der deutsch-türkischen Straße stilisiert worden und fand Zuhörer vor allem unter Möchtegern-Gangstern und pubertierenden Jungs. Ausschlaggebend für die BefürworterInnen eines Auftritts im Conne Island war der Bruch von Savas mit seiner Crew und die Abwendung von sexistischen und homophoben Verbalattacken.21 Um diesen Bruch zu verdeutlichen, dessen Notwendigkeit an die Zuhörerschaft zu vermitteln und einen der besten deutschsprachigen Rapper zu präsentieren, wären demnach Gründe für einen Auftritt gewesen. Dem gegenüber stand der Vorwurf, das Conne Island würde die eigenen inhaltlichen Maßstäbe nicht umsetzen. Zur Farce verkämen somit auch die Veranstaltungen des Conne Islands zu kritischer Popkultur, Geschlechterrollen, Sexismus und Homophobie. Das Konzert wurde abgesagt.
    Im September zog die NPD mit einem Stimmenanteil von 9,2 Prozent in den sächsischen Landtag ein. Unter den sächsischen ErstwählerInnen hatten mehr als 20 Prozent die volkstreue Option ergriffen. Nach mehrfachen Versuchen die reichsdeutsche Ausstrahlung des Leipziger Völkerschlachtdenkmals zu nutzen, scheiterte am 3. Oktober 2004 der Anlauf der freien Kameradschaften durch den Leipziger Süden zu ziehen an handfester und zivilgesellschaftlicher Gegenwehr. Zugleich kam es in Leipzig zu einem Revival der Antifa. Klassisch antifaschistische Initiativen wurden gegründet und das Credo vom »Ausschlafen gegen Nazis« zu weiten Teilen verworfen.
    Im Dezember billigte der Stadtrat der Stadt Leipzig eine neue Rahmenvereinbarung, die die institutionelle Förderung des Conne Island für drei Jahre regelte.
    Anschließend an die Debatten um Mia, die Neue Heimat, um die erneute breite Befürwortung einer Quote für deutsche Musik im Radio und unter dem Druck immer weiterer Bands und Projekte, die ihr deutsches Wir wiederentdeckten, fand sich unter Beteiligung des Conne Islands ein bundesweiter Kreis von Leuten zusammen, um gegen die Nationalisierung der Popkultur zu intervenieren. Dass Popkultur nicht national zu erden sei, sondern, trotz der um sich greifenden Beliebigkeit, vielmehr deren kosmopolitischer Charakter hervorgehoben werden sollte, war die Kernaussage des Projektes I can't relax in Deutschland.22 Bands wie Tocotronic, Mouse on Mars, die Sterne oder T.Raumschmiere machten zudem klar, wer sich nicht zum nationalen Kulturgut erklären lassen wollte. Mit einem Sampler nebst eigenem Buch rief diese Position, die bereits in der Vergangenheit stark durch das Conne Island geprägt worden war, ein bundesweites Medienecho hervor. Die Release-Veranstaltung im Mai 2005 gehörte zu den prägendsten der Leipziger PopUp Messe; die Berliner Volksbühne und der Frankfurter Mouseonturm waren nur zwei der weiteren Stationen der folgenden Veranstaltungstour.
    Zu Beginn der Saison 2005 beehrte der Godfather of Drum & Bass das Conne Island. In Begleitung von DJ Storm und MC Stirlin versetzte Goldie den ausverkaufen Laden in Ekstase. Mit einer Clubshow von De la Soul wurden neue kulturelle Höhen erklommen und Eintrittspreisdimensionen gesprengt. Im Sommer fand das zweite Oi! The meeting in Leipzig statt, im Spätherbst feierte das am Laden beheimatete Label Velocity Sounds das fünfjährige Bestehen und die Veranstaltungsreihe für Visualkunst Visual Island, seine Auferstehung.
    Abgesehen von einem zeitgemäßen Update des Umgangs mit Sponsoring23 sorgte 2006 vor allem die patriotische Unity von HipHoppern, Punks, Hippies, StudentInnen und Hardcorefans während der WM für zeitweilige Ratlosigkeit. Trotz Antifatradition, Stellungnahmen und kulturpolitischem Universalismus fand ein Großteil des Publikums nichts dabei, in schwarz-rot-goldenem Kostüm zu erscheinen. Eine angemessene Reaktion des Conne Islands, die diese Ambivalenz zu erklären vermag, steht bislang aus.

Was bleibt?

Entgegen den Befürchtungen, das Conne Island könne dem Trend zur kulturellen Beliebigkeit und Verflachung inhaltlicher Positionen erliegen, wurde das kulturpolitische Profil in den letzten fünf Jahren geschärft. Auf dem kulturellen Feld sind die Spielräume deutlich enger geworden. So treten ökonomische Zwänge immer weiter in den Vordergrund und gewinnen gegenüber Innovation, Authentizität und kultureller Avantgarde deutlich an Gewicht. Das Ziel für den Laden wird also sein, sich die Fähigkeit, kulturelle Maßstäbe gegenüber einem immer schnelllebigeren und beliebigeren Musikbusiness zu setzten, zu erhalten und zugleich politische Prämissen zur Anwendung zu bringen. Dies wird auch zukünftig das Profil und die Integrationskraft des Ladens bestimmen.

In diesem Sinne: Danke!

Anmerkungen

1 http://www.conne-island.de/nf/23.

2 Vgl. Selbstverständnis Conne Island 1996.

3 http://www.conne-island.de/nf/28.

4 http://www.good-night.de.lv.

5 Als Antiamerikanismus wird ein dem Antisemitismus strukturell nahe stehendes Ressentiment bezeichnet, wonach die Phänomene und Probleme früher der Moderne und heute der globalisierten Welt den USA angelastet werden. Dan Diner belegt in seinem Buch Feindbild Amerika (Propylen 2002) dessen bis in die Romantik zurückreichende Wurzeln. Nathan Sznaider beschreibt die strukturellen Zusammenhänge von Anti-Amerikanismus und Antisemitismus gut in seinem Aufsatz »Holocausterinnerung und Terror im globalen Zeitalter«

6 http://conne-island.de/nf/100.

7 http://www.conne-island.de/nf/84.

8 http://www.conne-island.de/nf/83.

9 http://www.conne-island.de/nf/81.

10 http://www.conne-island.de/nf/89.

11 http://www.conne-island.de/nf/91.

12 http://www.conne-island.de/nf/88.

13 http://www.conne-island.de/nf/99.

14 http://www.conne-island.de/nf/99.

15 Der Vorwurf auswärtiger Gruppen bestand darin, dass die Leipziger Verhältnisse als zu friedlich, konsensorientiert und damit weichgespült betrachtet wurden. So kam es innerhalb der Leipziger Szene trotz harter Diskussionen nie zu wirklichen Brüchen.

16 http://www.conne-island.de/nf/105 und Dash-Dossier # 16, Popkultur und das Label deutsch, http://www.dash.org.

17 Vgl. Tom Holert/ Mark Terkessidis (Hrsg.): Mainstream der Minderheiten. Pop in der Kontrollgesellschaft, Berlin 1996., unter http://www.idverlag.com/books/Mainstre.htm.

18 »Revisionistisch« beschreibt in diesem Zusammenhang den rechtskonservativen Reflex die Verbrechen des Nationalsozialismus zu verleugnen und zu verharmlosen.

19 Vgl. http://kampagne.conne-island.de/presse.html.

20 http://www.conne-island.de/nf/106.

21 http://www.conne-island.de/nf/112.

22 Vgl. http://www.icantrelaxin.de.

23 http://www.conne-island.de/nf/131.

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15jahre.conne-island.de - Broschüre zu 15 Jahre Conne Island - 9. September 2006